BJCP Judging & Verkostung

Bierverkostung

(aus Edward W. Wolfes Englischem Beitrag im BJCP Study Guide)

Ob im Hobbybereich oder im Profibereich, die Verkostung des Bieres ist nach wie vor ein wichtiger Teil des Brauens und der Qualitätssicherung. Dabei verfolgt eine strukturierte Bierverkostung drei Hauptziele. Erstens gibt sie dem Brauer Feedback zu seinem Rezept und wie gut das gewählte Rezept den angestrebten Bierstil wiederspiegelt.

Das Feedback kann dem Brauer dann helfen sein Rezept zu verbessern und zu optimieren. Zum Zweiten dient das Feedback der Verkostung häufig als Grundlage zur Fehlersuche und zum Abstellen dieser Fehler. Oft hilft eine Verkostung von geübten und unabhängigen Dritten dem Brauer die Quelle eines Bierfehlers besser einzugrenzen und im Nachgang zu beheben. Handelt es sich um erfahrene Judges, die selbst Brauer sind, können sie nicht selten auch direkt Hinweise zur Verbesserung geben.

Das letzte Ziel einer Bierverkostung ist es, in einem fairen und unvoreingenommenen Prozess außergewöhnlich gute Biere in Wettbewerben auszuwählen und zu würdigen.

Rahmenbedingungen

(aus Edward W. Wolfes Englischem Beitrag im BJCP Study Guide)

Eine wichtige Voraussetzung für eine sorgfältige Bierverkostung und -bewertung ist ein geeignetes Umfeld. Die Umgebung sollte gut beleuchtet und geruchsneutral sein, und Ablenkungen sollten so gering wie möglich gehalten werden. Am besten ist eine natürliche, diffuse Beleuchtung ohne direkte Sonneneinstrahlung, sonst sind Glühlampen Leuchtstofflampen vorzuziehen. Die Tischoberfläche oder die Tischdecken und die Wände sollten möglichst hell und frei von Mustern sein um die die visuelle Kontrolle des Bieres nicht zu beeinträchtigen.

Der Bewertungsraum sollte möglichst geruchsfrei sein. Restaurants und Brauereien können für die Beurteilung von Bieren besonders problematisch sein, da die Fähigkeit eines Bierrichters, die zu beurteilenden Biere zu riechen, durch Speisen- und Braugerüche beeinträchtigt werden. Rauchen und Parfums sollten so weit wie möglich vermieden werden. Darüber hinaus sollte die Evaluierungsumgebung möglichst frei von anderen Ablenkungen, wie Lärm oder Publikum sein.

Um die Juroren bei Ihrer Arbeit zu unterstützen sollte die Einrichtung der Verkostungsräume möglichst neutral sein und die Sitzmöglicheiten entsprechend bequem sein. Die Räume sollten gut klimatisiert sein und Helfer, wie etwa Stuarts, sollten die Juroren unterstützen.

Ablauf der Bierbewertung

(aus Edward W. Wolfes Englischem Beitrag im BJCP Study Guide)

Der hier beschriebene Ablauf soll als Anhaltspunkt dienen. Auch wenn der Ablauf nicht verpflichtend so durchgeführt werden muss, so zeigt die Erfahrung vieler Judges, dass es von Vorteil ist, die Verkostung darauf aufzubauen:

1. Vorbereitung des Bewertungsbogens. Trage die „Entrynummer“ der Probe ein um eine spätere Zuordnung zu ermöglichen. Notiere für Kategorie und Unterkategorie, sowohl Namen als auch die Buchstaben- Zahlen Kombination. Trage deine persönlichen Daten, Namen, BJCP Rang, BJCP ID Nummer und E-Mail Adresse ein oder bringe einen vorgedruckten Aufkleber mit deinen Daten im entsprechenden Feld an.

2. Führe eine visuelle Kontrolle der Flasche durch, wenn die Proben in Flaschen an den Tisch gebracht werden. Überprüfe die Flasche auf den Füllstand, den Trübungsgrad, auf Ablagerungen und auf Zeichen etwaiger Probleme, wie zum Beispiel Ablagerungen auf der Oberfläche oder im Flaschenhals. Solche Auffälligkeiten helfen später unter Umständen, die Ursache von Mängeln besser erklären zu können. Es ist aber Vorsicht geboten, das Bier nicht aufgrund von diesen visuellen Eindrücken bereits zu beurteilen.

3. Schenke das Bier in ein sauberes Verkostungsglas oder –becher und zwar so dass eine angemessene Schaumkrone entsteht. Allerdings sollte die Schaumkrone nicht so ausgeprägt sein dass sie beim Trinken stört. Stark kohlensäurehaltiges Bier muss möglicherweise vorsichtig in ein geneigtes Glas gegossen werden. Für kohlensäurearme Biere kann es erforderlich sein, direkt in die Mitte des Glases zu gießen und zwar mit etwa 15 cm Abstand zwischen Flasche und Glas. Gieße jedes Bier so ein, dass es optimal aussieht. Wichtig ist dabei darauf zu achten, dass einige Wettbewerbsbiere möglicherweise zu viel oder zu wenig Kohlensäure enthalten.

4. Begutachte das Bier mit der Nase. Schwenke das Glas sobald das Bier eingegossen ist und führe es zur Nase und atme das Aroma des Bieres mehrmals ein. Wenn ein Bier kalt ist, kann es erforderlich sein, das Bier im Glas schwenken, das Bier durch die Händen zu erwärmen oder die Hand oben auf die Tasse zu legen, damit sich die flüchtigen Bestandteile in einer ausreichenden Konzentration ansammeln können um sie wahrzunehmen. Notiere die Eindrücke des Bieres, vergib aber noch keine Punkte.

5. Überprüfen des Aussehens des Bieres. Gönne deiner Nase eine Pause und bewerte nur das Aussehen des Bieres. Neige das Glas und untersuche das Bier bei Gegenlicht. Bei dunkleren Bieren kann es erforderlich sein, eine kleine Taschenlampe zu verwenden, um das Bier angemessen zu beleuchten. Überprüfe die Farbe, Klarheit und den Schaum des Bieres (Retention, Farbe und Textur). Halte deine Kommentare auf dem Bewertungsbogen fest und gib an inwieweit Farbe, Klarheit und Schaum den Anforderungen des Stils entsprechen. Bewerte das Bier mit einer Punktzahl. Benote das Bier nach dem Aussehen und vergib jeweils einen Punkt Farbe, Klarheit und den Schaum.

6. Begutachte das Bier erneut mit der Nase. Schwenke das Bier abermals und führe es zur Nase und atme mehrmals die Aromen des Bieres ein. Beachte dabei wie sich das Bieraroma verändert, wenn sich das Bier erwärmt und sich die flüchtigen Bestandteile aufzulösen beginnen. Notiere auch diese Eindrücke und achte dabei besonders auf die Ausgewogenheit der Aromen von Malz, Hopfen, Hefe und Gärungsnebenprodukten. Achte besonders auf nachhängende Fehlgerüche. Vergib aber immer noch keine Punkte für den Geruch.

7. Verkoste das Bier jetzt. Nimm etwa 30 ml Bier in den Mund und benetze damit die Innenseite des Mundes. Achte darauf, dass das Bier in Kontakt mit Lippen, Zahnfleisch, Zähnen, Gaumen und der Zunge kommt. Schlucke das Bier und atme durch die Nase aus. Halte deine Eindrücke über die hauptsächlichen Geschmackseindrücke des Bieres fest (Malz, Hopfen, Alkohol, Süße), notiere auch deine Eindrücke zu den feineren Aromen (zusätzlicher Hopfen- / Malzgeschmack, Fruchtigkeit, Diacetyl, Säure) sowie dem Nachgeschmack (Hopfenbitterkeit, Oxidation, Adstringenz). Weise aber auch dem Geschmack noch keine Punkte zu.

8. Bewerte das Mundgefühl des Bieres. Nimm dazu einen weiteren Schluck Bier und achte darauf, ob das Mundgefühl des Bieres zum Stil passt. Das Mundgefühl umfasst die Eigenschaften Körper, Kohlensäure, Wärme, Cremigkeit und Adstringenz. Notiere deine Eindrücke und vergib 2 bis 5 Punkte, wobei höhere Punkte ein stilechtes Mundgefühl widerspiegeln, und niedrigere Punkte auf mehr oder weniger gravierende Abweichungen vom beabsichtigten Stil hinweisen.

9. Bewerte nun den Gesamteindruck des Bieres. Tief durchatmen und entspann dich. Rieche noch einmal am Bier und verkoste noch einmal. Mache eine Pause, und überlege, wo du das Bier in der Gesamtheit der Bewertungen ansiedeln würdest (z. B. ausgezeichnet, sehr gut, gut, trinkbar, Mängel) und wo ähnliche Biere innerhalb des Flights eingestuft wurden. Bewertest du mit einem Top-Down-Ansatz dann ordne dem Bier eine Gesamtpunktzahl zu, und ziehe in Gedanken Punkte von den Gesamtpunkten der einzelnen Subkategorien für die bestehenden Mängel ab. Notiere im Feld für den Gesamteindruck was dich bewogen hat das Bier so einzuordnen und vergib entsprechend Punkte um, in Summe aller Unterkategorien auf die von dir vergebene Gesamtpunktzahl zu kommen. Wenn du einen Bottom-up-Ansatz verfolgst, dann vergib nun in allen Unterkategorien (d. H. Aroma und Geschmack) Punkte und vergib eine Bewertung für den Gesamteindruck. Gib im Anschluss im Feld für den Gesamteindruck Vorschläge zur Verbesserung des Bieres im Hinblick auf die Mängel, die du in deiner Bewertung festgestellt hast.

10. Markiere alle Fehlaromen und andere Eindrücke auf der linken Seite des Bewertungsbogens, die du auch in deinen Kommentaren erwähnt hast.

11. Überprüfe deinen Bewertungsbogen. Falls noch nicht geschehen, vergib nun Punkte in allen Unterkategorien. Wenn du einen Bottom-Up-Ansatz angewandt hast, überprüfe noch einmal, ob die Summe der Punkte der Unterkategorie der Gesamtpunktezahl entspricht. Wenn du einen Top-Down-Ansatz verfolgst, stell sicher, dass die Summe aller Punkte in den Unterkategorien der Gesamtbewertung entspricht. Wenn die anderen Juroren deines Tisches das Bier bewertet haben, besprich mit ihnen die technischen und stilistischen positiven Eigenschaften des Bieres sowie die festgestellten Mängel und einige dich mit ihnen auf einen Konsens bei den Gesamtpunkten. Keiner der Juroren sollte nach Möglichkeit weiter als 5-7 Punkte vom Konsens abweichen. Passe gegebenenfalls deine Punkte an.

12. Vervollständige die Skalen unten rechts für Stilgenauigkeit, technische Ausführung und Gesamteindruck des Trinkens. Markiere auf jeder Skala das entsprechende Kästchen, um anzugeben, welchen Eindruck das Bier im Hinblick auf jedes der Kriterien auf dich gemacht hat.

Bewertungsstrategien

Es gibt zwei unterschiedliche Entscheidungsstrategien, die man als Juror bei der Bewertung eines Biere anwenden kann. Zum einen ein Top-Down-Ansatz bei dem der Juror dem Bier eine Gesamtpunktezahl gibt, die dem Gesamteindruck der Qualität des Bieres entspricht um dann Punkte für jeden Mangel abzuziehen. Ein Schwachpunkt dieses Top-Down-Ansatzes zur Bierbewertung besteht darin, dass es schwierig ist sicherzustellen, dass die Punkte die jeder Unterkategorie (z. B. Aroma, Aussehen, Geschmack, Körper) zugewiesenen werden, dann auch mit dem Kommentar übereinstimmen, die zu diesem Merkmal des Bieres abgegeben wurde. Beim Bottom-up-Ansatz bewertet der Juror jede Unterkategorie des Bieres einzelnd indem er Punkte für Mängel abzieht. Die Gesamtpunktzahl ergibt sich dann aus der Summe der Punkte für jede Unterkategorie. Das Problem bei diesem Bottom-up-Ansatz zur Bierbewertung ist, dass leicht eine Gesamtbewertung für das Bier zustande kommt, die nicht mit dem Gesamteindruck des Bieres übereinstimmt.

Viele Juroren verwenden deshalb eine Kombination dieser beiden Extreme. Unabhängig davon, welcher Ansatz für den einzelnen Juror besser passt, gibt es mehrere allgemeine Richtlinien, die die Juroren befolgen sollten, wenn sie Biere mit Punkten bewerten. In den aktuellen BJCP-Bewertungssystemen wird jedes Bier auf einer 50-Punkte-Skala bewertet, wobei 12 Punkte für das Aroma, 3 für das Aussehen, 20 für das Aroma, 5 für das Mundgefühl und 10 für den Gesamteindruck vergeben werden. Darüber hinaus wird das Bier noch nach der Stiltreue, der technischen Durchführung und dem Gesamteindruck des Genusses bewertet.

Bewertungshilfe

Die Gesamtpunktzahl sollte den Beschreibungen des Punktebereichs entsprechen. Hervorragende Bewertungen (38-44) sollten für Biere vergeben werden, die hervorragende Repräsentanten ihres Stils sind. Sehr gute Bewertungen (30-37) repräsentieren sehr guten sehr gute Vertreter ihres Stils, die nur geringfügige Mängel oder Abweichungen aufweisen. Gute Bewertungen (21-29) sollten an Biere vergeben werden die den Stil gut vertreten, aber Mängel aufweisen. Für Biere, die aufgrund schwerwiegender Mängel den Stil nicht angemessen widerspiegeln, sollten Punkte im Bereich (14-20) vergeben werden. Eine Bewertung unter 13 Punkten (13 oder niedriger) wird normalerweise Bieren zugewiesen, die Mängel enthalten, die so gravierend sind, dass das Bier nicht mehr trinkbar ist. Punkte im Bereich 45-50 spiegeln herausragende Biere wieder, die wirklich Weltklasse sind.

Im Allgemeinen sollten sich die besten Biere eines Wettbewerbs im Punktebereich von 40+ wiederfinden, wobei die Bewertung der Teilbereiche des Bieres die Mängel identifizieren, die es zu einem sehr guten aber eben nicht perfekten Bier machen. Ein Bier, das eine perfekte Punktzahl von 50 erhält, muss in der Tat perfekt sein. Es muss absolut fehlerfrei sein, den Stil genauso gut oder besser als die besten kommerziellen Beispiele darstellen, perfekt in der technischen Ausführung sein und den perfekten Reifegrad wiederspiegeln. Diese Bedingungen unterliegen nicht ausschließlich der Kontrolle des Brauers. Daher ist es äußerst selten, ein perfekte Bier zum idealen Zeitpunkt den Juroren präsentieren zu können.

Wenn Sie Feedback zu sehr guten Bieren geben, ist es wichtig, trotzdem die Möglichkeiten zur Verbesserung des Biers zu ermitteln und diese dem Brauer als Feedback auf dem Bewertungsbogen zurück zu spielen. Jeder schwerwiegende Fehler aber auch das Fehlen eines Stilmerkmals (wie das Fehlen eines Nelkenaromas bei einem bayerischen Weißbier) führt im Allgemeinen zu einer maximalen Punktzahl von 30. 21 Punkte stellt die Grenze dar, unter der ein Bier im allgemeinen nicht mehr dem geforderten Stil entspricht.

Einem Bier, das entweder eine starke Infektion oder einen sonstigen Fehler aufweist, das es untrinkbar macht, sollte eine Punktezahl von 13 zugewiesen werden. Eine Punktzahl von 13 bedeutet, dass das Bier im Wesentlichen nicht trinkbar und damit auch nicht bewertbar ist; niedrigere Werte können als boshaft angesehen werden. Dies ist jedoch nur eine Richtlinie. Wenn die Mängel so schlimm sind, dass selbst eine 13 großzügig ist, können die Juroren auch weniger Punkte vergeben. Bei Bieren mit erheblichen Fehlern ist der Bottom- Up Ansatz oft sinnvoller, weil hier Punkte für die positiven Aspekte des Bieres vergeben werden. Wenn Biere mit niedrigen Punktzahlen bewertet werden oder gar in den Bereich unter 13 Punkte abrutschen, ist es besonders wichtig so viele nützliche Kommentare wie möglich darüber abzugeben, wie der Brauer das Bier verbessern kann. Suchen Sie immer nach positiven Kommentaren zu einem Bier und lassen Sie den Brauer wissen, welche Aspekte des Bieres beachtet werden müssen und wie Fehler behoben werden können um das Bier zu verbessern.

Inhalte teilweise aus dem Englischen von Jan Brücklmeier © BJCP