Als das Orga-Team am Vortag der Homebrau-Convention im Romrod zusammentraf, stand es vor einem emotionalen Scherbenhaufen: tausende Stunden der Vorbereitung, auch seitens der vielen Helfer und Referenten, waren mit einem Schlag dahin, die finanzielle Lage und damit das Fortbestehen der HBCON schien hoffnungslos und wir rangen mit uns, ob unsere Entscheidung richtig gewesen sei. Entscheidungen mussten zeitnah getroffen werden, insbesondere wie wir bestimmte Angebote dennoch durchführen können.
Es war unglaublich welchen Rückhalt wir durch die Community erfahren haben: innerhalb von wenigen Stunden hatten ich für den Jurywettbewerb bereits zahlreiche Helfer organisieren können, die es ermöglichten, den Wettbewerb an 4 Standorten mit unabhängigen Teams stattfinden zu lassen.
Gleichzeitig war ich absolut überwältigt von der Teilnahmebereitschaft der Brauer, immerhin bedeutete dies einen erhöhten Aufwand in Form Postversandes und dies in einer äußerst prekären Situation. Letztendlich gingen 77 von 102 angemeldeten Bieren ein und somit erreichten wir einen Quote von etwa 75%, was nur knapp hinter der des Vorjahres (82%) lag. Eine tolle Leistung!
Dass sich die Bewertung der Biere und Ermittlung der Sieger dem einen oder anderen zu lange dauerte, kann ich gut nachvollziehen, aber es war nicht unser Anliegen euch künstlich auf die Folter zu spannen – es war schlicht nicht anders möglich.
Um nicht weitere Zeit zu verlieren, kommen wir zu den Preisträgern und möchten bereits an dieser Stelle allen Gewinnern unseren Respekt kundtun und herzlichst gratulieren. Die Qualität der Biere war dieses Jahr außerordentlich gut, wir hatten deutlich weniger Oxidationen – man konnte bereits am Füllstand der Flaschen erkennen, dass sich viele Brauer mit diesem Thema auseinander gesetzt haben. Dementsprechend ging es ungewöhnlich eng zu, insbesondere auf den vorderen Plätzen (1. – 5.) haben letztendlich Nuancen über die Platzierung entschieden.
Kategorie „Weizen / Wit“
Platzierung | Entry | Sub-Kategorie | Brauer | Biername |
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Platz 1 | #0019 | 10A Weizen | Sebastian Müller | Kreuz-Weiße |
Platz 2 | #0021 | 24A Wit | Ricardo Rutzka | Nachmittags Wird Kein Wit Gejudged |
Platz 3 | #0101 | 10A Weizen | Dieter Albrich | Hells Woiza |
Juroren in dieser Kategorie waren neben mir: Carsten Helmholdt und Alexander Sperr, beide sehr engagierte Hobbybrauer und erfahrene Judges aus Berlin, sowie aktiv in zahlreichen Foren und Vereinen tätig. Die Biere wurden in zwei Flights mittels Video-Konferenz verkostet, anschließend die Platzierungen per Konsensus ermittelt.


Einzig der Hopfen ist eher untypisch und wurde wegen seines zitronig-blumigen Charakters gewählt.
Der Biername (बीयर; soll lt. Translator Bier auf Hindi bedeuten) auf dem Etikett ist übrigens eine Hommage an den indischen Koriander, der dieses Wit erst hat zu dem werden lassen, was es nun im Ergebnis geworden ist.“

Für den Wettbewerb habe ich ein Weizen und ein Witbier gebraut. Das war mein erstes Wit und mein zweites Weizen überhaupt.Beim Wit hat sich rausgestellt, dass ich es wohl mit den Gewürzen etwas übertrieben habe. Die waren so sehr im Vordergrund, dass ich doch lieber das Weizen eingereicht habe.
Das Weizen habe ich mit Weizenmalz, Pilsner und Wiener gebraut. Als Hopfen kam ausschließlich Saphir zum Einsatz. Als Hefe habe ich mich für die Wyeast #3068 entschieden.“
Kategorie „Dunkle Biere“
Platzierung | Entry | Sub-Kategorie | Brauer | Biername |
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Platz 1 | #0096 | 8A Münchener Dunkel | Daniel Lauterbach | A Fritzla |
Platz 2 | #0058 | 8A Münchener Dunkel | Heiko Müller | Münchener Dunkel |
Platz 3 | #0049 | 15C Irish Stout | Manuel Schwaderer | Burst In Space Stout |
Organisator der Verkostung in Bamberg war Daniel Stenglein, BJCP Juror und vielen bekannt als Moderator der FB-Hobbybrauer Gruppe. Mit Markus Raupach konnte er eine wahre Koryphäe für sein Team gewinnen. Das kompetente Trio wurde von Patrick Murphy vervollständigt. Im Vorfeld fand ich es spannend, wie sich die beiden Bierstile wohl gegeneinander schlagen werden und war recht überrascht, dass die Münchener Dunkel wohl deutlich die Nase vorne hatten.
Daniel Lauterbach wohnt in Lindau nahe Kulmbach („der heimlichen Hauptstadt des Bieres“) und braut seit ungefähr 2004, angefangen mit hauptsächlich untergärigen Sorten (Helles, Lager, Pils, Märzen) hat er sich 2014 das erste Mal an obergärige Sorten gewagt. Als Tüftler baut Daniel viele Sachen für seine Brauerei selbst, z. B. Abfüller, Verkorker, ZKG, die Brauanlage selbst usw.

Dieses habe ich soweit es geht fest verrohrt, baue aber gerade noch etwas um. Abgemaischt wird per Schwerkraft, als Läuterpumpe zurück in die Sudpfanne verwende ich eine Grundfos Zirkulationspumpe (UP20-150N).
Zum Abkühlen der Würze verwende ich einen Plattenwärmeübertrager (Edelstahl – fusionsverschweißt), den ich vorher immer mit etwas heißer Lauge und einer Speck Pumpe im Kreislauf reinige. Anschließend mache ich offene Gärung und schlauche grün entweder in ein Keg-Fass oder schlauche direkt in den Drucktank. Zur Temperatursteuerung verwende ich einen Kühlschrank, indem das Fass oder der ZKG steht. Anschließend kommt das Bier per GDA in die Flasche. Näheres kannst du dir auch meiner Webseite www.sudbrau.de anschauen.“
Ich braue meistens mit dem Braumeister 20, habe aber auch Equipment, um 50 oder 70 Liter mit Induktion oder Gas zu brauen.
Mein diesjähriges Münchner Dunkel ist im Zweimaischeverfahren gebraut. Münchener Malz und etwas CaraAroma, gehopft mit Tettnanger und vergoren mit der WLP820. Das genaue Rezept kann demnächst über MMuM verfolgt werden.“

Kategorie „Kveik“
Platzierung | Entry | Sub-Kategorie | Brauer | Biername |
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Platz 1 | #0037 | 21B6 White IPA | Tobias Meyknecht | Kveikwhite |
Platz 2 | #0012 | _0A Norwegisches FarmhouseAle | Jens Warkentin | Kornøl |
Platz 3 | #0034 | 26B Saison | Martin Bannert | Kwaison 2 |
Nils Vogel stand mit seinem Stuttgarter Team rund um Reka Mazur, Philipp Pöml und Alexander Lebèus wohl vor der komplexesten Aufgabe, nämlich Biere nach BJCP zu bewerten, für die es keine Kategorie gibt und aufgrund rar gestreuter Referenzbiere auch extrem wenig Erfahrungswerte. Allen Respekt von meiner Seite für die Mühe der Einarbeitung, die ausführlichen Bewertungsbögen und eure spontane Bereitschaft sich diesem Thema zu stellen.

Geplant war ein IPA Aroma aus Mosaic-Amarillo-Centennial, gepaart mit den Wit-typischen Nuancen von Bitterorangenschalen und Koriander. Der Körper ähnelt dem eines Wit Biers und die Stammwürze kommt vom IPA. Am Ende haben wir die #9 Ebbegarden stark underpitcht bei 30 Grad den Rest machen lassen. Davon erhofften wir uns weitere tropische Aromen.
Der ausführliche Bericht folgt dann in Kürze auf meinem Blog malzknecht.de„


Und zwar ein ganz besonders und interessantes Bier. Einige nennen es „Norwegisches Farmhouse Ale der Kategorie 0A“. In Norwegen heißt es schlicht „Kornøl“. Ein Starkbier mit
8,5 vol% Alkohol, das in einem Sud aus frischen Wacholderzweigen gemaischt und nach dem Läutern ungekocht in den Gärbottich geschlaucht wird. Dort wird es bei über 30°C mit einer Kveik Mischkultur vergoren und nach der Gärung ohne zusätzliche Karbonisierung abgefüllt.
Dabei heraus kommt ein Bier, das durch den fehlenden Eiweißbruch sehr viele Proteine enthält. Es ist orange, trüb, hat einen weichen voluminösen Körper und, trotz der nur sehr leicht vorhandenen natürlichen Karbonisierung, einen satten und stabilen Schaum.
Der hohe Alkoholgehalt versteckt sich hinter den Aromen des Wacholders und der fruchtigen Gärnebenprodukte. Erinnert ein bisschen an angegorenes dickes Multivitaminsaft Konzentrat.
Ein sehr interessantes Projekt, bei dem man viel lernen kann.
An dieser Stelle einen besonderen Dank an Thomas (Kolbäck), der seine Erfahrungen mit der Kveik und den skandinavischen Raw Ales im Hobbybrauerforum mit uns teilt. Das hat mir bei der Rezeptentwicklung sehr geholfen. Danke und Skål Thomas.“

Die nächste Herausforderung war, die für Saisonhefen typischen phenolischen, pfeffrigen Noten zu simulieren. Auch hier mussen die Kveiks passen, deshalb versuche ich, mit Wacholderbeeren etwas nachzuhelfen. Nachdem ich beim ersten Testsud etwas übertrieben habe, sind hier eher zuwenig Beeren drin, um einigermassen bemerkbar zu sein.
Wie für Saisons typisch ist das Bier mit jeder Woche Lagerung besser geworden. Leider leider ist jetzt aber nur noch eine einzige Flasche übrig.“
Kategorie „Sauerbiere“
Platzierung | Entry | Sub-Kategorie | Brauer | Biername |
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Platz 1 | #0015 | 27A1 Gose | Keith Moore | Langener Gose |
Platz 2 | #0017 | 23B Flanders Red Ale | Markus Neumaier | Flanders Red Ale |
Platz 3 | #0090 | 28C Wild specialty Ale | Torsten Saß | Himbär |
„Bierhistoriker“ Jürgen Knoke war einer der ersten der aufgrund des Risikos eine Teilnahme an der HBCon abgesagt hatte und der allererste bei meiner Anfrage nach Unterstützung bei der dezentralen Organisation des Wettbewerbes. Am liebsten hätten die „Kölner“ alle Kategorien gejudged! Vorstellbar wäre es gewesen, denn Jürgen konnte gleich 8 Juroren für die Bewertung der Sauerbiere gewinnen – spannend für Einreicher soviel Feedback verarbeiten zu können. Vielen Dank an die Kölner und Aachener Braukollegen: Guido Humpert, Ricardo Rutzka, Sebastian Lohmann, Volker Huppert, Frank Christian, Sebastian Knoke und Heiko v. Borzyskowski.
Als Steuerung dient eine Raspberry Pi mit selbstgebauter Schnittstelle. Dazu gibt es ein kleines LED Display, Thermometer und Steuerknopf. Display und Knopf sind momentan nur für allgemeine Funktionen gedacht – die Software selber wird über’s Netz betrieben. Ich weiß es gibt CraftBeer Pi, ich bin aber von Beruf Software Ingenieur, und wollte meine eigene Steuerungssoftware schreiben. Ich nahm es als Gelegenheit, Python zu lernen, und ist für mich sehr wohl „Hobby im Hobby“.
Die Kreislaufpumpe wird während des Kochens angeschlossen (Danke an Henner – Hesse im Forum – für die Idee mit den Camlock Kupplungen) und wird benutzt für sogenanntes „Whirlpool Cooling“ (Idee von Jamil Zainascheff).“

2005 bin ich dann auf das Forum „Hobbybrauer.de“ gestoßen und habe mich dort angemeldet. Seitdem ist das Bierbrauen meine große Leidenschaft. Dabei braue ich quer durch den Garten.
Recht zügig habe ich meine Liebe für belgische Bierstile entdeckt, seien es die berühmten Klosterbiere oder die bekannten Sauerbiere. Diese braue ich regelmäßig in allen Varianten. Für die Sauerbiere habe ich mir ein eigenes Equipment für die Gärung und Lagerung angeschafft.
Ich braue aktuell mit einem Braumeister 50 (teilweise auch mit Thermoport) und vergäre alles außer Sauerbieren in einem Unitank, welchen ich mir vor einiger Zeit angeschafft habe.
Ende des Jahres 2017 bin ich im Forum auf einen Beitrag zum Thema „Flanders Red Ale“ gestoßen. Das hörte sich sehr interessant an. Diesen Stil hatte ich noch nie gebraut und hatte noch Kapazitäten für die Gärung frei. Also frisch ans Werk. Im selben Jahr wurde der Sud noch in die Gärung geschickt und mehr als zwei Jahre später als Wettbewerbsbeitrag für die HBCon 2020 in der Kategorie „Sauerbiere“ eingereicht.“

So das war es von meiner Seite, eine spannungsvolle Zeit neigt sich dem Ende zu und all diejenigen, welche nicht unter den Prämierten waren: seid bitte nicht enttäuscht oder lasst euch entmutigen, die nächste HBCon kommt bestimmt und bietet neue Chancen.
Alle Bewertungsbögen wurden per E-Mail an die Teilnehmer versendert. Aufgrund der Größe der Anhänge, insbesondere Sauerbiere, kann es möglicherweise zu Mail-Problemen gekommen sein. Solltet ihr KEINE Mail erhalten haben, so meldet Euch bitte bei mir, so dass wir es umgehend gemeinsam klären können.
Um die eigene Bewertung im Kontext zu den Mitbewerbern einzuordnen, kann eine PDF-Datei hier heruntergeladen werden:
HBCon 2020 – Jurrywettbewerb – Ergebnisse
Viele liebe Grüße im Namen des gesamten Orga-Teams
schloemi